KUNSTHALLEN TOGGENBURG „Freie Republik Bad Hemberg 05.9 - 26.9 2020
Verspieltes Kunst-Sammelsurium
Die Kunsthallen Toggenburg rufen die «Freie Republik» aus. 50 Kunstschaffende bespielen einen idyllischen Ort.
Ganz leicht zu finden ist diese «Freie Republik» nicht. Man fährt durch Hemberg Richtung Nesslau bis zu einem Wohnwagen, dann geht’s rechts hinüber zum alten Gasthaus Bad, das gerade einen Pächter sucht. Im «Bädli» sind jetzt recht wild und ein wenig anarchisch neben- und miteinander 27 Kunstprojekte zum breiten Thema Freiheit zu sehen. 50 Kunstschaffende (auch aus den Sparten Musik und Theater) haben sich eine «Aufenthaltsgenehmigung» für die Freie Republik Bad Hemberg verschafft, Kunst (von nicht einheitlicher Qualität) mitgebracht oder dort entwickelt, in die Landschaft eingefügt oder das Gasthaus «Bädli» bespielt.
1931 gab es hier einen Doppelmord. Das Gelände wirkt ein wenig düster, aber genauso idyllisch. Niederschwellig soll der Zugang zu Kunst sein, auch für Wanderer, die hier vorbeikommen. Ein hübscher Übersichtsplan ist nicht digital, sondern fast kinderbuchmässig gemalt. Kunstschaffende aus der Region, aus dem Inland, aber auch bis von Berlin sind gekommen, wohnen teilweise im «Bädli» und haben sich auch vom Ort inspirieren lassen. Da kann man an Isabel Rohners «Süsswolkenhain» vorbeistapfen zu Manuela Langers «Neubad», eine wirklich benutzbare Installation mit der letzten Zinkbadewanne des Bades Hemberg, aufgestellt auf der Lade eines Aebi TP-1000-Fahrzeugs. Historie des Ortes und die Ruhezonen- Idylle finden in dieser humorvollen Arbeit zusammen.
Hier kann man eigene Wünsche verbrennen
Das Wasser kommt aus dem Teich oberhalb des «Bädli». Auch er, der früher eine Sägerei mit Energie versorgte, wird bespielt: Mit poetischen Bojen von Doris Naef, oder dem schwimmend erhobenen Stinkefinger von Hans Thomann. «Knackiger und Co.» haben, wieder
unten, einen Ofen gebaut. Frisches Knäckebrot wird da gebacken. Daneben eine Anordnung skurriler «wissenschaftlicher» Geräte, Versuchsanordnungen und Fantasiemaschinen. Die Wiler Künstlergruppe Ohm 41 hat da ihre Ideen zusammengetragen. Das weisse Vorzelt wirkt wie eine Coronateststation. Und in einem Ofen kann man gar seine eigenen Wünsche verbrennen.
Bekanntere Ostschweizer Namen wie Andy Guhl, Peter Dew oder Elisabeth Nembrini sind vertreten. Letztere hat die Fahnen der Freien Republik entworfen, mit den gleichen Sujets der Tapete des grossen Gasthaussaales. Dort sieht man, wo ein Toter des Doppelmordes lag. Das «Theater Jetzt!» inszeniert diese düstere Geschichte im «Bädli». Ein wenig Abseits vom Tatort hat das Künstlerduo Last (Nico Lazúla und Ruedi Staub) ein Treffen der Delegierten der Freien Republik nachgestellt. Sieben Stoffpuppen, von engagiert bis gelangweilt, nehmen an der Sitzung teil. Die neue 14. Kunstaktion (im Rahmen der Reihe «Arthur») lohnt einen Besuch des speziellen Ortes Bad Hemberg. Man darf herumschweifen und sich mal hier, mal dort, von der recht locker geordneten, nicht immer stringent zusammenhängenden, doch lustvollen Sammlung von Gegenwartskunst verführen lassen. Ein spezielles Musik- und Theaterprogramm lockt zusätzlich.
Martin Preisser
Hinweis
Bis 26.9., Bad Hemberg. lnfos:
www.kunsthallen-toggenburg.ch
Aus dem E-Paper vom 08.09.2020